Schnuppe - Drin was draufsteht
Veröffentlicht am: 21. März 2025
Tracklist
1. Storno
2. Bier für die Girls
3. Showbizz
4. Die Veränderung
5. Aspirin
6. Rock ‘n‘ Roll Freitag
7. Côte d'Azur
8. Plastik
9. Die Hängengebliebenen
10. Betriebsausflug
11. Don’t Babe Me
Medien
Eine Band, die nicht so tut als ob. Schnuppe geben nicht vor etwas anderes zu sein, als das, was
sie sind – sie machen einfach das, was sie machen. Drin was draufsteht. Selten einen
passenderen Albumtitel gesehen. Schnuppe sind Diana, Kat und Mel, aus Köln.
Spätberufene Newcomerinnen, wenn man so will.
„Eine Newcomerband in unserem Alter zu sein ist ja eher ungewöhnlich“ sagt Kat, „wir sind keine
Muckerinnen. Wir spielen das, was wir können und worauf wir Bock haben. Wir bedienen uns
einfach quer durch die Jahrzehnte und fügen es in unserem Stil zusammen.“
Sie treiben ihrer Musik alles Üppige aus, wirken daher bei aller Rotzigkeit leicht, fast fröhlich,
obwohl der Ursprung ihrer Texte oft Wut ist. „Na ja,“ verdeutlicht Kat, „es geht schon um die
Bestandsaufnahme der Lebensrealitäten. Aber auch um die Kompensation von Verletzlichkeit.
Der Ursprung der Texte ist tatsächlich meistens Wut, aber wir kanalisieren das in unserer Musik. Das
ist Wut ohne Aggression. Eher mit Spaß.“
Songtitel wie „Die Hängengebliebenen“, „Don’t Babe Me“ und „Bier für die Girls“ sprechen Bände.
Schnuppe wollen was von der Welt, von und für sich selbst aber auch von anderen.
„Unsere Songs sind vielleicht ein bisschen räudig, ein bisschen unbeschwert aber auch. Das ist
gut so, wie es ist“ sagt Kat. Mel, die auch bei der Kölner Krautwave-Band Kratzen Bass, bei
Schnuppe aber Gitarre spielt, reizt an Schnuppe besonders, „das Gefühl, dass sich jede von uns
ausleben kann. Es gibt keine Vorgaben – alles ergibt sich. Es fügt sich einfach. Ich mag diesen
Freiraum, sich spielerisch auszuprobieren. Jede kann so sein wie sie will und bringt das mit, was
sie kann. Deswegen ist Schnuppe eklektisch, hat 80er NDW- und deutliche Punkelemente, ist
Noise-Pop, pendelt auch zwischen Sixties-Garage und Wave. Eine feste Genrebezeichnung oder
einen Oberbegriff finde ich für uns nicht.“
Völlig ambivalent und vielschichtiger als erwartet, ist das, was da auf „Drin was draufsteht“
passiert: sie bedienen sich an musikalischer Vielfalt und bleiben doch Verfechterinnen der
Reduktion.
Die spielerische, aber nicht richtungslose Leichtigkeit des „anything goes“ tropft aus jedem Ton des Albums.
Trotz Reduktion und - zu kleineren Anteilen - Dekonstruktion, die neben ihrem noisy und
punky Pop-Appeal Stilwerkzeuge sind, ist da nirgends Schwere. Aus den Minen der Einfachheit
schürfen Schnuppe pures Gold.
Sie haben ein Händchen für die musikalische und textliche Ausformulierung von zugespitzten
Slogans, die sich aufdrängen, aber nicht aufdringlich sind. Das wird besonders deutlich im Instant-Hit
„Bier für die Girls“ und in „Don’t Babe Me“, auch in „Die Veränderung“ oder in „Plastik“.
Man fühlt sich umgehend mitgenommen, singt lauthals mit, reckt die Faust, dreht laut auf, verschwestert
und verbrüdert sich, möchte mit ihnen gemeinsam, wenn schon nicht den Umsturz planen, dann zumindest aber
die Nacht durchfeiern.
Oder einfach Quatsch erzählen, ihr wisst schon, sich an ihrer Selbstermächtigung berauschen, Solidarität,
Allyship, wir statt ich, ja, es gibt ein Morgen, aber nur zu ihren Bedingungen.
In der überraschend wavigen Version von „Rock’n’Roll Freitag“, im Original von Hans-A-Plast,
teilen sich Hans-A-Plasts Annette Benjamin als Gastsängerin und Kat den Gesang – das darf man
gerne ein kohärentes Match nennen. Und es führt uns zu den Altvorderen. Denn `türlich: man mag
hier und da an die Lassie Singers denken, an Ideal, vielleicht auch an Stefan Remmlers lakonische
Zustandsbeschreibungen. Auch die Breeders mit ihrem wir-geben-einen-Scheiß-auf-Erwartungen-Dekonstruktivismus sind Schnuppe nah.
Schnuppes Botschaften kommen so geradlinig rüber, dass ihr hedonistischer Sound weit über das
reine „wir haben Spaß“ hinausgeht. Empowerment? Enabling? „Ja, sicher, auch. Oft ist die
Reaktion von jungen Frauen im Publikum ähnlich. Die kommen nach dem Konzert zu uns und
sagen: `Geil, dass ihr einfach spielt!´“
„Wir sind vielleicht einfach Frauen, die die Mittelmäßigkeit umarmen“. Alle lachen.
Ist das Selbstironie? Oder ein ausgeprägtes Imposter-Syndrom?
„Selbstironie aus Hilflosigkeit“ sagt Diana, „also beides“. Und wieder: Gelächter. Überhaupt wird
viel gelacht bei Schnuppe. Gutes Zeichen.
Wieso eigentlich der Name „Schnuppe“? „Wir hatten erst Angst, dass es zu süß klingt“, erwähnt
Kat, „dass man an Sternschnuppen denkt. Aber eigentlich ist es ein schnoddriges `is mir
schnuppe´, was dahintersteckt. Das drückt für mich aus, dass viele Dinge, von denen wir denken,
dass sie uns im Wege stehen, total egal sind. Ich kann nicht Gitarre spielen, mach ich jetzt aber
trotzdem. Drei Akkorde und los!“
Mel „fand den Namen direkt gut, ich mag diesen `Egal-Ansatz´ der da mitschwingt“.
Und dann impostersyndromt es noch mal heftig, als es aus Diana fast herausplatzt: „Ich bin
manchmal fast wütend auf mich, dass ich das so lange nicht gemacht habe, dass ich nie richtig in
einer Band gespielt und erst so spät mit dem Schlagzeugspielen angefangen habe. Schnuppe
dagegen heißt: einfach machen.“
„Drin was draufsteht“ ist schlicht und umwerfend, hat Klasse und beweist, dass man jeglicher
Unbill, sogar dem Bösen an sich mit Selbstbewusstsein, mit Humor und Chuzpe begegnen kann.
Schnuppe machen das was sie machen aus genau den richtigen Gründen. Was man ihren Songs
anhört, was man ihnen auf der Bühne anmerkt, was dem Album mehr Tiefe verleiht, als es den
ersten Anschein haben mag. Hier geht es um Lieder, die strahlen. Es ist tatsächlich drin was
draufsteht: Schnuppe. Sie sind pures Gold.
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